Paul Gauguin verliebte sich sofort in die türkisblauen Buchten, malerischen Fischerdörfer, wogenden Kornfelder und strohgedeckten Bauernhöfe. Doch noch mehr faszinierte den Maler das Licht an der bretonischen Küste. All das können Radfahrer auf der Littorale oder Voie 5 Bretagne in vollen Zügen genießen.

Der neue Fernradweg verbindet Buchten, Kaps, Leuchttürme und Fischerdörfer nach dem Vorbild des berühmten Zöllnerwegs (GR 34). Die Voie 5 ist jedoch noch im Entstehen. Jedes Jahr kommen neue Abschnitte hinzu. Wir haben uns für den weitgehend fertiggestellten Abschnitt von Plogoff nach Vannes entschieden. Aus logistischen Gründen starten wir aber in Quimper, der mit dem Zug gut erreichbaren Hauptstadt des Departements Finistère, wo bereits zwei E-Bikes des Fahrradverleihs Abicyclette Voyages auf uns warten. Auf einem Radweg, angelegt auf einer ehemaligen Bahntrasse, verlassen wir die Stadt und rollen durch ein grünes Tal in Richtung Nordwesten, begleitet von Vogelgezwitscher und einem plätschernden Bach.
Filmkulisse
Unser erstes Ziel ist Locronan, eine mittelalterliche Stadt, deren Reichtum einst auf der Herstellung von hochwertigem Segeltuch beruhte. Massive Granithäuser, holprige Kopfsteinpflasterwege, gusseiserne Laternen und duftende Hortensien prägen das Stadtbild. Autos, rote Ampeln, Antennen und Stromleitungen sucht man dagegen vergeblich. In dem Städtchen, das immer wieder als Filmkulisse dient, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Bestes Beispiel dafür ist der Holzbildhauer Hugues Coroller alias »Hugo«. Seit einer gefühlten Ewigkeit schnitzt er auf dem Platz am Fuße der imposanten Église Saint-Ronan seine Heiligenfiguren. »42 Jahre, um genau zu sein«, schmunzelt er, während er einem heiligen Ronan, dem Schutzpatron von Locronan, den letzten Schliff gibt. »Ich mache nur Pause, wenn gedreht wird«, grinst er und zündet sich eine Zigarette an, umgeben von einer Armada von Heiligen, die auf Käufer warten. Und nein, in unsere Fahrradtaschen passt wirklich kein heiliger Ronan mehr …
Auf verschlungenen Wegen rollen wir nach Douarnenez, eine quirligen Küstenstadt im Norden der Halbinsel Cornouaille mit vier Häfen, darunter einem Museumshafen. Was uns überrascht, ist die Musik, die über das Wasser heranweht. Erst nach einer Weile entdecken wir ihn: Alban Dussin, von Beruf Zimmermann, vor allem aber ein begnadeter Pianist, der sein Klavier an die verrücktesten Orte schleppt. Jetzt hockt er am Ende eines schmalen Betonpiers, versunken in seine eigene Welt, während Segelboote und Kajaks vorbeigleiten.
In der Abendsonne rollen wir weiter nach Plogoff an der Westspitze der Halbinsel, wo wir in der Öko-Lodge »Embruns d’Herbe« Quartier beziehen. Ein Paradies, geschaffen von Franck Debouté und Karine Montagnon. Am Ende der Welt hat das Architektenpaar aus Naturmaterialien wie Stroh, Holzspänen und Schafdung sechs einzigartige Ferienhäusern mit Blick auf einen wunderschönen Garten und die ferne Bucht von Audierne gebaut. Ein himmlischer Ort, um die Seele baumeln zu lassen.
Spektakuläres Kap
Im Morgengrauen brechen wir zur nahen Pointe du Raz auf, einem der spektakulärsten Kaps der Bretagne. Die schroffe Landzunge bietet einen herrlichen Blick auf den Raz de Sein, eine gefährliche Meerenge mit starken Strömungen und bedrohlichen Klippen, die von zahlreichen Leuchttürmen bewacht wird. Am Horizont leuchten die weißen Häuser der Île de Sein. Eine winzige Insel, bewohnt von hartgesottenen Fischern. Als General de Gaulle während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg die Franzosen aufrief, sich den Freien Französischen Streitkräften (FFL) in London anzuschließen, machten sich 133 Insulaner sofort auf den Weg nach England. De Gaulle war so überrascht, dass er ausrief: »Dann ist die Île de Sein also ein Viertel Frankreichs.«
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