Wer in Südtirol auf die Hohe Reisch wandert, dem offenbart sich ein rätselhafter Anblick: Hunderte kleine und große Steintürmchen stehen auf dem flachen Bergrücken – manche von ihnen schon seit vielen Jahrhunderten.

Die Sarntaler Alpen in Südtirol sind ein Reich der Stille, in dem höchstens die Glocken des Weideviehs bimmeln oder ein Bächlein leise gluckert. Mit den weit verstreuten Almen, saftig grünen Wiesen, üppigen Alpenrosenteppichen, Lärchen- und Fichtenwäldern wirkt die Landschaft wie aus einem Bildband über alpine Naturschönheiten entsprungen –ein Traumrevier für Wanderer. Jeden Tag lässt sich hier ein anderer Gipfel erklimmen. Auch geheimnisvolle Plätze gibt es zu entdecken. Der Almrücken auf der Hohen Reisch etwa, der von Hunderten ganz kleinen bis übermannshohen Türmchen aus Granit- und Porphyr-Steinen übersät ist. Walter Perkmann, Direktor des Tourismusvereins Sarntal, erinnert sich lebhaft daran, wie er als Bub gebannt den Geschichten über die »Stoanernen Mandln«, die Steinmännchen, gelauscht hat. »Es war gruselig und faszinierend zugleich«, lacht er bei dem Gedanken daran.
Wo die Pachler Zottl mit dem Teufel tanzte
Schon lange überwiegt bei Walter, der von den meisten kurz »Wally« genannt wird, die pure Freude, wenn er inmitten der Ansammlung steinerner Männchen steht, die kreuz und quer über die flache Bergkuppe aufgetürmt sind. So oft es die Zeit zulässt, kommt er hierher. Die Tour von Sarnthein über das Auener Joch auf die 2.003 Meter Hohe Reisch gehört zu seinen absoluten Lieblingsstrecken. Das atemberaubende 360°-Panorama, das sich von hier oben bietet, lädt jedes Mal zu einer Rast ein. Dabei schweift der Blick über die Sarntaler und Zillertaler Dolomiten mit Sarner Scharte, Langkofel, Rosengarten und Latemar, weiter zur Brenta, der Ortlergruppe und den Ötztaler Alpen. »Für mich ist das ein echter Kraftort. Ich könnte Stunden hier sitzen. Und wenn ich überlege, wie lange es diesen Platz schon gibt, fasziniert mich das sehr«, erzählt der Sarner.
Tatsächlich belegt das Prozessprotokoll zur Hexenverurteilung der »Pachler Zottl« in Sarnthein vom 28. August 1540, dass es die geheimnisvollen Steinpyramiden bereits im 16. Jahrhundert gegeben haben muss. Unter anderem steht darin geschrieben: »…Am Dienstag vor dem letzten St.-Maria-Magdalena-Tag, sei die Pachlerin abermals aufs Auener Joch zu den Stoanernen Mandln gegangen, dabei war auch der lange Heinz, auch die Agnes, die zu Terlan unterm Schloss mit ihrem Mann wohnt, und die krumme Gretl. Dort habe sie, die Pachlerin, einen Ziegenbock vom Winterstaller durchs Teufels Gespenst verzaubert und verzehrt…«.
…
Jetzt weiterlesen!
Den vollständigen Artikel mit beeindruckenden Bildern, Tipps der Autorin, sowie ausführlichen Reise Infos finden Sie im WANDERN & REISEN Magazin 04/2025.
Jetzt im Online-Shop entdecken »
#3447 #wir_leben_outdoor