Der Rauch kratzt in unseren Lungen, die Flammen des Feuers flackern im Auge des ausgestopften Raben. Die spitzen Zähne des getrockneten Hechts scheinen jederzeit bereit zuzubeißen, als ein lautes Poltern in der Dunkelheit die kleine Hütte erschallen lässt, in der wir im Kreis sitzen. Die Tür öffnet sich, herein tritt ein Hüne von einem Mann, gekleidet in Leder und Pelz. »Vor laaaaanger Zeit lebten hier Riesen und warfen mit Steinen um sich – Felsbrocken so groß wie Häuser«, beginnt er mit tiefer und langsamer Stimme seine Geschichte. Wir sind bei einem Schamanen zu Besuch, irgendwo in der Pampa von Finnisch-Lappland, weit über dem Polarkreis. Wir hören uns aufmerksam seine Geschichten an. »Wisst ihr, woher die Nordlichter kommen?«, fragt der Heiler in die Runde. Wir haben keine Ahnung, aber eine gute Woche Zeit, es selbst herauszufinden.

Unsere Basis ist die kleine Stadt Levi. Von Oktober bis April ist die Gegend ein Mekka für Wintersportler und Profiathleten – Schnee und tiefe Temperaturen sind garantiert. Jetzt, im Spätherbst, wirkt die Stadt wie ausgestorben. Die Temperaturen und die Wettervorhersage versprechen ideale Bedingungen für unsere Erkundung auf den Gravelbikes. Ich begleite die beiden Zwillingsschwestern Caro und Anita Gehrig auf ihrem Abenteuer. In der Mountainbikeszene sind die Schweizerinnen weltbekannt und gehören zu den besten Enduro-Rennfahrerinnen des Planeten. Seit der Eröffnung ihres eigenen Hotels im letzten Jahr haben sie die Rennaktivitäten auf ein Minimum reduziert. »Dafür haben wir mehr Zeit für solche coolen Projekte«, lacht Caro. Mehrtägige Touren über Hunderte von Kilometern sind für die Ex-Profis kein Novum, und ich brauchte keine Überzeugungskraft, sie von meinem Vorhaben zu überzeugen, den Norden von Finnland auf Gravelbikes zu erkunden.
Lappland, wie gemacht für Gravel Bikes
Unser erster Loop startet in Ylläs. Bereits nach wenigen Kilometern ist klar: Was in der warmen Jahreszeit als Wander- und Bikewege genutzt wird, sind im Winter Langlaufloipen. Auf breiten, holprigen Wegen klettern wir in einer angenehmen Steigung auf den höchsten Punkt des Fjells empor. Knapp 400 Meter über dem Meer haben wir einen perfekten Überblick über die Gegend. Das nächstgelegene Skigebiet ragt ein paar Hundert Meter höher aus dem flachen Umland empor. Wald und Bäume, so weit das Auge reicht. Nur hier und da sieht man Zeichen der Zivilisation in Form von Blockhütten oder kleinen Dörfern.
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