Graveltour auf dem Altmarkrundkurs

»An den sanftesten Bergen und lieblichsten Gründen«
Altmark Radweg Tangermünde

Der Altmarkrundkurs führt durch eine der ältesten Kulturlandschaften Deutschlands. Der Fernradweg verbindet acht Hansestädte, romanische Kirchen, Schlösser und gemütliche Dörfer. Dazu begeistern die Naturschätze der Altmark: die Weite der Elbauen, die Altmärkische Schweiz mit ihren Hügeln und der Arendsee, der gern auch »Perle der Altmark« genannt wird.

Altmark Radweg Tangermünde
Abb.: © Conradt Engelhardt / IMG Sachsen-Anhalt mbH

Fahnen flattern im Wind, Möwen kreischen und unten am langen Steg blubbert ein schwerer Bootsmotor. Das hat schon maritimes Flair, dabei sind wir mitten im Binnenland. Die breite Mündung der Tanger in die Elbe ist zu einem Hafen ausgebaut worden, an den Landungsstegen liegen Fahrgastschiffe und auf dem Ufer flanieren die Menschen. Jenseits der Wasserfläche zieht sich die gewaltige Stadtmauer mit mehreren wehrhaften Toren hin. Die alte Kaiser- und Hansestadt Tangermünde kann auf eine 1000-jährige Geschichte zurückblicken. Ihre Backsteinarchitektur, die Burganlage und die Vielzahl der Fachwerkhäuser verleihen der Altstadt einzigartigen Charme.

Wir aber lehnen uns zurück, schütteln die Beine und nehmen nach 110 Tageskilometern einen großen Schluck aus den Trinkflaschen. Drei erlebnisreiche Gravel-Tage auf dem Altmarkrundkurs liegen hinter uns, wir sind zurück am sandigen Ufer der Elbe.

Die Altmark lockt

Altmark Radweg Museum Diesdorf
Abb.: © Conradt Engelhardt / IMG Sachsen-Anhalt mbH

Die Altmark ist eine jahrhundertealte liebenswerte Kulturlandschaft. Auf ausgebauten Radwegen und verkehrsarmen Ortsverbindungsstraßen führt der gut ausgeschilderte Altmarkrundkurs mitten hindurch. Allein acht Hansestädte liegen entlang der 460 km langen Gesamtstrecke, dazu rollt man an romanischen Kirchen, Klöstern und prächtigen Schlössern vorbei. Eingebettet sind die malerischen Altstädte in herrlich offene Landschaften. Die weiten Auen der Elbe, die Havelniederung mit dem Elb-Havel-Winkel, die Altmärkische Schweiz mit Ihren sanften Hügeln oder die Naturparklandschaften des Drömlings bieten eine abwechslungsreiche Kulisse für schöne Radtouren. Mit nur geringen Steigungen und radfahrfreundlichen Gastgebern ist die Strecke ein echter Tipp in der gut zu erreichenden Region zwischen Berlin, Hannover und Hamburg.

Im Storchendorf

Gestartet sind wir im Dörfchen Beuster nördlich von Seehausen. Auf dem Deich geht es durch das UNESCO-Biosphärenreservat Mittelelbe. Problemlos passieren wir die Baustelle der künftigen A 14, die sich ein paar hundert Meter nördlich bereits im kühnen Bogen über die Elbe spannt. Wir aber folgen lieber dem Deich, der herrliche Blicke auf den Fluss bietet. So rollen wir in Wahrenberg hinein und werden von den neugierigen Blicken eines Storchenpaars hoch oben auf ihrem Horst begleitet. Der Titel »Storchendorf « kommt nicht von ungefähr: Mehr als 20 solcher Nistplätze befinden sich im Ortsgebiet. So passiert es, dass im Hochsommer auf vier Einwohner etwa ein Storch zu zählen ist. An einem Bauernhaus an der Deichkante entdecken wir derweil ein in den Querbalken geschnittenes Spruchband: »Gott sorgt für mich, was will ich sorgen. Er ist mein Vater, ich sein Kind.« Wir nehmen unsere Geschicke lieber selbst in die Hand.

Die Perle der Altmark

Die Perle der Altmark – der Arendsee
Abb.: © Steffen Lehmann / IMG Sachsen-Anhalt mbH

Durch die Aland-Elbe-Niederung führt uns der Kurs über Wanzer und Böhmenzien nahe an der alten innerdeutschen Grenze Richtung Arendsee. Im Dörfchen Harpe lädt uns der alte »Gasthof Lindenkrug« zur Rast ein. Es gibt Kaffee und hausgebackenen Kuchen. Auf Forstwegen geht es weiter, bis zwischen den Bäumen erstmals die Wasserfläche des Arendsees hindurchglitzert. Nicht zufällig trägt der 550 Hektar große See den Beinamen »Perle der Altmark«. Ebenso wie der staatlich anerkannte Luftkurort sind die Seeufer ein Paradies für Naturfreunde. Während die »Queen Arendsee« im Stile eines Mississippi- Dampfers an uns vorbeischippert, machen wir auf einem Anglersteg Pause, lassen Beine und Seelen baumeln.

Im Baumkuchenland

Vorbei am ehemaligen Benediktinerinnen- Kloster rollen wir am Ufer des Arendsees aus dem Ort heraus. Auf gut fahrbaren Wegen über die einst im direkten Grenzland liegenden Dörfer wie Schrampe, Kaulitz oder Mechau nähern wir uns dann Salzwedel. Als »Stadt des Baumkuchens« eilt ihr ein großer Ruf voraus, tatsächlich hat der Baumkuchen dort seit 1807 Tradition, die heute zuvorderst durch die »Erste Salzwedeler Baumkuchenfabrik « fortgeführt wird. Dazu gibt es in der Altstadt mehrere Manufakturen und verführerische Baumkuchen-Cafés.

Salzwedler Baumkuchen
Abb.: © IMG Sachsen-Anhalt mbH

Entlang des Grünen Bandes

Am Morgen des zweiten Tages führt der Kurs durch mehrere Dörfer im ehemaligen Sperrgebiet. Dort liegt teils noch historisches Rundkopf-Pflaster. Wir freuen uns über das kurzzeitige Gehoppel, bemerken auch leerstehende Höfe und freuen uns auf den erste Kaffee im Heimatmuseum Diesdorf. Danach folgen wir wieder dem Grünen Band. Von den ehemaligen Grenzanlagen sieht man in diesem Abschnitt nichts mehr, selbst die alten Kontrollwege aus Maschenbeton wurden rückgebaut. Wer genug Zeit und Ruhe mitbringt, kann im heutigen »Naturschutzgebiet Ohreaue« dafür eine große Zahl seltenen Vogelarten beobachten: Greifvögel wie den Rotmilan und den Fischadler, oder Schreitvögel wie Kranich, Weiß- und Schwarzstorch.

Durch die Altmärkische Schweiz

Aus dem Wald hinter Klötze kommend, rollen wir in ein liebliches Tal. Das Bächlein Bäke wird hier zum Stausee Schwiesau. Es ist ein willkommener Ort für eine Rast, denn vor uns liegen die Anstiege der Altmärkischen Schweiz. Von wegen, die Altmark ist nur flach: Höchste Erhebung der umliegenden Hellberge ist der 148 Meter hohe Stakenberg. Dass der Wald hier so prächtig wächst, ist Kreishauptmann Johann Christian Solbrig (1778-1850) zu verdanken, der ab 1820 um sein Gut Zichtau einen prächtigen Landschaftspark zu pflanzen begann und dort »an den sanftesten Bergen und lieblichsten Gründen «, wie sein Verwalter einst schrieb, Fischteiche und ‚Lust-Wanderwege’ anlegte.

Eine humoristische Begegnung

Am Nachmittag erreichen wir Gardelegen. Die Einfahrt nehmen wir über das Salzwedeler Tor mit seinen beiden mächtigen Batterietürmen. Es ist das letzte von einst vier Stadttoren, auch von der Stadtmauer sind nur noch Reste erhalten, die man während eines Bummels durch die heute parkähnlichen Wallanlagen besichtigen kann. In den eng gewundenen Gassen der Altstadt haben wir eine Begegnung mit Otto Reutter. Die Melone auf dem Kopf, steht der berühmte Sohn der Stadt dort in Bronze gegossen. Als einer der großen deutschen Humoristen schrieb er Anfang des 20. Jahrhunderts unnachahmlich- herrliche Couplets wie »Wir Männer hab’n’s viel besser als die Frau’n« oder »Wir lieb’n uns zu sehr« und wurde damit deutschlandweit bekannt.

Bei den Zisterzienserinnen

Die Sonne lacht am neuen Morgen. Wenige Kilometer hinter Gardelegen, zwischen Jävenitzer Moor und den Kellerbergen, liegt Kloster Neuendorf. Das um 1200 gegründete Zisterzienserinnenkloster gehörte einst zu den reichsten Frauenklöstern der Altmark. Bis in unsere Zeit haben sich die schlichte Backsteinkirche mit dem niedrigen Kreuzgang und einzelne Klausurgebäude erhalten. Schönster Schmuck des Kirchleins sind die kunstgeschichtlich bedeutsamen Buntglasfenster.

Dann geht es munter weiter: Durch dichte Forste, vorbei am »oktogonalen« Wegweiser und auf alleeartig schönen Feldwegen überqueren wir erstmals die Tanger, unterqueren bei Lüderitz die hier schon fertige A 14 und nähern uns nach der fröhlichen Begegnung mit einer neugierigen Alpaka-Herde dem Stadtrand von Tangerhütte.

Umweht von Industriegeschichte

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts eröffnete im damaligen Dorf Vaethen eine beständig größer werdende Eisengießerei. Anders gesagt: Ohne die Gießerei gäbe es die Stadt Tangerhütte nicht. Bis heute gibt das Eisenwerk den Menschen Arbeit. Direkt neben den Backsteinfassaden alter Gießereihallen grenzt der Schlosspark an. Das Schloss samt Schlossteich und Wasserfall hatte sich Hüttenbesitzer Wagenführ vor 150 Jahren ebenso errichten lassen.

Bei den Bismarcks

Kurz hinter Tangerhütte erreichen wir den Gutspark Briest. Ein Ensemble aus Gutshaus, Brauhaus, Wirtschaftshof und einer Kapelle bildet den ältesten Stammsitz der Familie von Bismarck in der Altmark und beherbergt über 600 Jahre Familiengeschichte. Das Herrenhaus im Stile der Spätrenaissance spiegelt sich gern im Wasser des malerischen Teichs.

Vierzig Höhenmeter

Altmark Radweg
Abb.: © Conradt Engelhardt / IMG Sachsen-Anhalt mbH

Hinter Demker zweigt der Kurs nordwärts in einen kleinen Höhenzug um den 91 Meter hohen Pastorberg ab. Auf 1,5 Kilometer Strecke müssen auf einem Singletrail 40 Höhenmeter überwunden werden. Die Beine brennen, als wir auf dem »Gipfel« Pause machen. Der Platz ist eine Entdeckung, sieht man doch in der Ferne die Stadtsilhouetten von Stendal (ca. 10 km) und Tangermünde (ca. 8 km), im Süden hebt sich gut 25 Kilometer entfernt der 120 Meter hohe Salzberg Kalimandscharo aus der Landschaft heraus.

500 Jahre Stendaler Roland

Unter der ICE-Strecke Hannover-Berlin hindurch erreichen wir den Stadtrand von Stendal. Die Hansestadt ist mit gut 38.000 Einwohnern die größte Stadt in der Altmark und sowohl auf den Gleisen als auch bei den Straßen ein Verkehrsknotenpunkt. Die über tausendjährige Stadt weiß mit einer verwinkelten Altstadt zu gefallen, allen voran der Marktplatz mit den beeindruckenden Türmen der Ratskirche St. Marien und zu ihren Füßen der drittgrößte Roland Deutschlands, der 2025 auch noch seinen 500. Jahrestag seiner Aufstellung vor der Gerichtslaube feiert. Über den nordöstlichen Stadtrand rollen wir nach Arneburg und sind zurück an der Elbe. Von hier sind es nur noch ein paar Kilometer bis nach Tangermünde.

Hinüber in den Elb-Havel-Winkel

Für uns ist an der schönen Tangermündung nach dem langen Wochenende Schluss. Dabei gäbe es noch mehr zu sehen: etwa das im Stil mittelalterlicher Backstein-Gotik erbaute Kloster Jerichow mit seinem verwunschen schönen Klostergarten, die teils auf einer Flussinsel stehende Wasserstadt Havelberg von der man per Elbfähre vom Elb-Havel-Winkel wieder hinüber in die Altmark wechselt, der einzigartige Charakter von Werben als »kleinster Hansestadt der Welt« oder auch der historische Stadtkern von Osterburg. Aber wir werden wiederkommen, soviel ist sicher.

DER ALTMARKRUNDKURS

  • 460 km langer Radfernweg durch die Altmark und den Elb-Havel-Winkel
  • Städte an der Strecke: Havelberg, Werben, Osterburg, Salzwedel, Klötze, Gardelegen, Tangerhütte, Stendal, Arneburg, Tangermünde, Jerichow und Genthin
  • Geeignet für Gravel, Tourenrad oder E-Bike
  • Offizielle Website: www.altmark-rundkurs.de

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Für Jeden Anspruch etwas dabei

»Egal, ob mit Gravelbike, Mountainbike oder E-Bike, genießen wird man die Gravel Austria auf jeden Fall«, stellt Sebastian fest. Oberösterreich ist mit vielen Trails und losem Untergrund möglicherweise eher für Mountainbikes geeignet. Die Strecke durch Tirol kann hingegen größtenteils sogar mit dem Rennrad befahren werden, während die Strecke in Niederösterreich rund 35 Prozent, in Vorarlberg rund 30 Prozent Gravelanteil hat. Auch Felix war durch Niederösterreich auf einem Gravelbike mit etwas breiteren Reifen und einer Federgabel unterwegs. Technisch sei es so gut fahrbar gewesen. »Wenig Straße, viele Feldwege, tolle Landschaft«, fasst Felix zusammen.

 

Kathrin, eine Outdoor-Bloggerin, die in den Niederlanden lebt, fuhr wiederum auf einem Reiserad mit Gravellenker von Ost nach West durch Tirol. Auch sie bestätigt: Österreich ist total auf Fahrradfahrer eingestellt. »Die Infrastruktur in den Kitzbühler Alpen und im Inntal ist hervorragend. Ich musste wenig vorplanen und habe immer spontan eine Unterkunft gefunden«, weiß sie zu berichten. Die Unterkünfte, die sie angesteuert hatte, verfügten über Werkstätten und Ski- bzw. Fahrradkeller. Da die Grenze nach Tirol auf einem Bergpass liegt, ist Kathrin in Zell am See im Salzburger Land gestartet. »Aus den 3.000 Kilometern Gesamtroute kann man sich diejenigen Abschnitte heraussuchen, die am besten auf die Kondition passen«, lobt sie. Aber auch die Jahreszeit und das Wetter können den individuellen Zuschnitt der Strecke beeinflussen.

Im Inntal kann es zum Beispiel sehr heiß werden. Der höchste Punkt der Strecke durch Tirol liegt um die 1.300 Meter und ist oft schon im frühen Herbst und bis Anfang des Sommers schneebedeckt. »Man lernt so unglaublich viel über das Land«, resümiert Kathrin. Sie war besonders beeindruckt vom schicken Ambiente in Kitzbühel. Die Essenz der Radtour durch Österreich war für sie, »dass man einfach in der Früh aufwachen und ohne viel zu planen losfahren kann und dabei weiß, dass man am Abend eine tolles Hotel finden wird und nicht in einer Sackgasse landet.«

Gutes Essen, tolle Landschaften, tolle Menschen und unendlicher Schotterspaß: Österreich ist wie geschaffen für das Graveln und die Gravel Austria die einzigartige Möglichkeit, das ganze Land auf zwei Rädern zu erleben.

Von See zu See durchs Salzburger Land

Im Folgejahr führte die Gravel-Route Sebastian durchs imposanten Salzburger Land von See zu See und von Wasserfall zu Wasserfall. Die Gravel Austria führt auf ihrem Rundkurs, der grob die Grenzen des Landes nachzeichnet, gleich zwei Mal durch das österreichische Bundesland. Sebastian fuhr von Saalbach zum Salzkammergut mit Auftakt auf einem aussichtsreichen Höhenweg. Flowig wurde es auf dem Asitztrail in Leogang. Später wartete nach jedem Anstieg ein Postkartenmotiv: Die Mandlwände am Hochkönig, die imposante Dachstein-Südwand, die Serpentinen der alten Postalmstraße im Tennengau sowie der Wolfgangsee und Fuschlsee.

Der südliche, rund 90 Kilometer lange Abschnitt, führt vom Großglockner nach Mittersill und dort zum Abschluss über den Pass Thurn insgesamt rund 900 Höhenmeter bergauf. Startet man die Gravel Austria im Nordwesten, am Bodensee, und fährt von West nach Ost, dann ist die Südvariante der Rückweg.
Im Anschluss an das Salzburger Land radelte Sebastian gleich weitere 450 Kilometer und mehr als 8.000 Höhenmeter durch Oberösterreich. Die Strecke, deren Gravelanteil knapp 30 Prozent beträgt und die sonst über asphaltierte Wege und Straßen verläuft, hat kaum einen ebenen Kilometer aufzuweisen. Lediglich entlang einer der vielen schönen Seen oder Flüsse kann man kurzzeitig durchatmen. Unbestrittene Höhepunkte sind der Mondsee im ersten Abschnitt der Tour sowie die Kulturhauptstadt 2024, Bad Ischl, die im letzten Drittel auf einem Abstecher erreichbar ist. Zwischendrin geht es auf einer Schleife durch das Innere Salzkammergut mit der Flussregion Traun, den Kalkalpen und seinen unzähligen kleineren und größeren Seen.

Das Innviertel, das man auf der Gravel Austria ebenfalls durchfährt, wirbt für sich mit der größten Dichte an Brauereien in Österreich. Durst hat man beim Auf und Ab in der hügeligen Landschaft definitiv immer. Besonders idyllisch ist auch der Abschnitt durch das Mühlviertler Granitland. Der abwechslungsreiche Wegemix durch den Böhmerwald verläuft zunächst an der österreichisch-tschechischen Grenze entlang und macht sogar einen kleinen Schlenker nach Tschechien. Mit der Überquerung der höchsten Passstraße Österreichs, dem Koblpass, schafft man den Sprung hinüber nach Niederösterreich.

Pässe, Dörfer und Flussradwege

Ganz anders war die Herangehensweise von Sebastian aus Hamburg, der diesen Sommer durch das Salzburger Land und Oberösterreich geradelt ist und somit Österreich von West nach Ost durchquert hat. Schon im Vorjahr hatte er die damals von der Österreich Werbung ganz neu eingerichtete Gravel Austria auf dem Abschnitt von Bregenz bis zum Traunsee ausprobiert. Seine Erlebnisse hat er in einer Folge seines Podcasts »Off the Path« präsentiert. »Ich war überrascht, wie unglaublich abwechslungsreich das Land ist«, erzählt er. Man radelt über Pässe, durch Dörfer oder auf Flussradwegen und ist dabei stets ganz nah an der Natur.

Sebastian hat seine Radreise im Gegensatz zu Felix ganz langsam angefangen. Am ersten Tag hatte er etwas über 20 Kilometer auf dem Tacho, dann etwas über 30 Kilometer, um am Ende seiner insgesamt 12-tägigen Tour mit insgesamt 1.400 Kilometern Strecke schließlich auch 100 Kilometer und rund 2.000 Höhenmeter am Tag zu schaffen. »Am dritten Tag gewöhnt sich der Körper daran«, stellte er fest.

»Dadurch, dass man jederzeit und überall Unterkünfte bekommt, kann man sich komplett an seine Fitness und das Wetter anpassen«, zeigt er sich begeistert. Auf dem Abschnitt von Bregenz bis zum Traunsee, hatte er lediglich in besonders touristischen Orten wie am Achensee, am Wolfgangsee oder in Bregenz Probleme bei der Unterkunftssuche. »In Oberösterreich wurde es ein wenig dünner und ich habe festgestellt, dass ich besser hätte planen müssen. Dennoch muss ich sagen, dass Österreich, was die Infrastruktur betrifft, ein Traum ist«, weiß der Podcaster zu berichten, der auf seinen Touren mit Hitze genauso wie mit Regen zu kämpfen hatte. Die Kombination aus teils steilen Anstiegen, losem Untergrund und wechselnden Wetterbedingungen macht jede Etappe zu einer Herausforderung. Besonders in den Alpen kann das Wetter schnell umschlagen, und plötzlich findet man sich in dichtem Nebel oder einem unerwarteten Regenschauer wieder. Je nach Abschnitt und Höhe kann man jedoch schon früh im Jahr fahren. Felix’ höchster Punkt auf der Tour lag zum Beispiel auf 1.400 Meter Höhe, wo ein eisiger Wind ihn erwartete.

Insbesondere die rund 260 Kilometer lange Strecke durch Vorarlberg, die Sebastian zur Hälfte gefahren ist, ist außerhalb der Sommersaison nur unter Vorbehalt zu empfehlen: Kops und das Ganifer Tal liegen sehr hoch und werden nicht geräumt. Bis Juni kann hier Schnee liegen, außerdem gilt der erste Abschnitt beim Stausee Kops als äußerst herausfordernd, da er bergab sehr steil ist. Dieses kurze Stück sollte bei Eisgefahr unbedingt geschoben werden. Nach dieser atemberaubenden Abfahrt rollt man dann aber entlang der Ill gemütlich bergab durch das Haupttal des Montafon und tritt dann wieder mit hoher Frequenz bergauf über das Laternsertal bis nach Übersaxen. Den anschließenden etwas steileren Abschnitt von Götzis hinauf zur Emser-Hütte, wo eine wunderbare Fernsicht bis zum Bodensee für die brennenden Waden entschädigt, kann man auch umfahren.

Auch der von Sebastian gewählte Abschnitt vom Bodensee aus beginnt knackig mit einem fordernden Anstieg von Bregenz in Richtung Pfänder, auf den eine spannende Gravel-Abfahrt in den Bregenzerwald folgt. Weiter geht es von Bizau nach Mellau und über das wunderschöne Hochplateau am Fuß der Kanisfluh nach Au. Nach Schoppernau beginnt der längste Anstieg der Tour in Richtung Warth.

Am letzten Tag sind die Beine eingefahren

Nach einem Ost- und einem Südschwenk verlässt die Gravel Austria Tour Niederösterreich, um bei St. Sebastian an drei einladenden Badeseen vorbeizuführen. Felix kühlte sich am Fluss-Strandbad in Hollenstein die heißgelaufenen Füße ab. Nur kurz, wie er betont, denn der sportliche Streckenzuschnitt, den er gewählt hatte (fünf Tage für 528 Kilometer), ließ nicht allzu viele Pausen zu. Von Hollenstein kann, wer sich dort doch länger aufhalten möchte, die Abkürzung über den Ybbstalradweg nach Göstling nehmen und damit einige Höhenmeter sparen.

Nach einem kurzen Abstecher nach Mariazell führt die Route dann entlang der Traisen Richtung Norden und weiter durch das Gölsental, die Region Elsbeere Wienerwald und durch den Biosphärenpark Wienerwald bis nach Klosterneuburg. Hier wird die Landschaft wieder sanfter, rollt man teilweise gemütlich dahin, während die Postkartenpanoramen an einem vorbeiziehen. »Es war malerisch mit den endlosen Fernblicken«, schwärmt Felix. Die Anstiege, so Felix, haben es in sich, aber die Aussichten lohnen sich jedesmal.

Besonders beeindruckend fand Felix das Wahrzeichen des Mostviertels, die barocke Basilika des Sonntagberges, die man auf einer Panoramastraße erreicht. Durch unberührte Wälder, über Bergrücken mit Traumaussichten und zahlreiche urige Dörfer geht der Weg weiter nach Nordosten und vorbei an Lilienfeld bis zur Donau bei Wien. Die Hauptstadt wird in einem großen Bogen im Süden umfahren, wobei ein Abstecher in die City sich durchaus lohnt. Für Felix und seinen Gravelpartner liegt der Vorteil der letzten Etappe genau darin, dass man sich zwar in der Natur aufhält, aber dennoch jederzeit in die Stadt abbiegen und die Tour somit flexibel beenden kann.

»Am letzten Tag waren die gröbsten Höhenmeter raus und die Beine eingefahren«, erinnert sich Felix an die letzte Etappe bis zur Grenze zum Burgenland. Hier hatte er trotz schlechter Witterung, Nebel und Regen besonders große Freude. Die Sinneseindrücke, Vogelstimmen, Gerüche nahm er intensiv wahr. Letztlich sind es die kleinen Genussmomente, wie das Füßekühlen in der Ybbs, die Nacht in Göstling, ein Stopp am See in Lunz, die sich auf dieser Tour tief in das Gedächtnis eingraben.

Knackige Anstiege mit tollen Aussichten

Vor allem die ständig wechselnden Landschaftseindrücke sollte man in Ruhe auf sich wirken lassen: Die Strecke durch das nordöstliche Bundesland startet in Liebenstein in der Gemeinde Liebenau, noch in Oberösterreich. Die Tour führt zunächst durchs Waldviertel, das als ehemaliger Bestandteil der sogenannten »Böhmischen Masse« als ältestes Gebirge Österreichs gilt. Mit ihren wilden Fluss- und Moorlandschaften, sanften Hügeln und dichten Wäldern, die von einem engmaschigen Netz an Waldwegen durchzogen werden, ist die Region ein Graveltraum. Mit stetem Auf und Ab tritt man entlang des Granit-Trails Richtung Donau. In Ybbs stößt man auf den Donauradweg, dem man hier bis nach Wien folgen könnte. Abenteuerlicher, wenn auch nicht so bequem ist es, den Umweg über die Schotterpisten und flowigen Trails der Gravel Austria zu nehmen.

Über Waidhofen an der Ybbs geht es nach Süden in den Natur- und Geopark Steirische Eisenwurzen. Die kulturhistorisch bedeutende Region, deren Namen sich von der jahrhundertelangen Tradition der Eisenverarbeitung und Eisenproduktion ableitet und die sich über Teile der Steiermark, Oberösterreichs und Niederösterreichs erstreckt, ist vor allem ein bekanntes Ziel für Mountainbiker. Mit dem Gravelbike hat man auf den Schotter- und Waldwegen zu Almen, Wildwasserflüssen und malerischen Bergdörfen sowie auf einigen anspruchsvollen Abfahrten aber genauso viel Freude.

Start/Ziel
z. B. Wien oder Innsbruck
Aufstieg
51.000 Hm
Strecke
3.000 km

Dauer
14–35 Tage

Beste Zeit
Frühsommer bis Herbst

CHARAKTER
Die Gravel Austria zeigt auf jedem Abschnitt und in jedem Bundesland (nur das Bundesland Wien wird ausgespart) einen anderen Charakter, so dass jeder die für seine Ansprüche passende Teilstrecke finden kann. Die Gesamtstrecke muss allerdings als sehr anspruchsvoll eingeordnet werden, da sie auf vielen Etappen ein sehr sportliches Höhenprofil aufweist. Die Länge der Etappen kann sehr individuell zugeschnitten werden, da sich überall viele Unterkunftsoptionen bieten. Die über 3.000 Kilometer lange Tour führt überwiegend über Schotterpisten; es sind aber durchaus auch längere Abschnitte auf verkehrsarmen Nebenstraßen sowie der eine oder andere Singletrail enthalten. Die abwechslungsreichen Streckenabschnitte führen durch einmalige Berg-, Wald- und Seenlandschaften. 14–35 Tage sollte man für die Gravel-Austria-Route einplanen.
to.austria.info/gravel

ÜBERNACHTEN
In der Komoot-Collection zu Gravel Austria und auf der Homepage der Österreich Werbung finden sich übrigens auch zu jedem Abschnitt Tipps für besonders fahrradfreundliche Unterkünfte.
austria.info/de/aktivitaeten/radurlaub-in-oesterreich/gravelbiken

ANREISE
Die größeren Städte entlang der Gravel Austria sind hervorragend mit dem Zug erreichbar. Nicht nur innerhalb Österreichs kommt man mit der Bahn gut von einer Etappe zur anderen. Auch von Deutschland aus gibt es sogar Direktverbindungen von München nach Innsbruck. Die Mitnahme von Fahrrädern ist in den Zügen der ÖBB grundsätzlich möglich. In Fernverkehrszügen muss man einen Fahrradstellplatz reservieren. Wien, Salzburg und Innsbruck erreicht man zudem auch mit dem Flugzeug.
oebb.at

BESTE ZEIT
Die beste Reisezeit für die komplette Tour ist der Sommer. Die tiefer gelegenen Abschnitte können auch im Frühjahr und Herbst befahren werden. Auf den Alpenpässen kann es dann jedoch noch/schon schneien. Im Sommer sollte man Unterkünfte vorbuchen.

ABSCHNITTE
Vorarlberg
Strecke: 250 km
Auf-/Abstieg: 6.260 Hm/6.590 Hm
Dauer: ca 3–5 Tage
Start/Ziel: Stausee Kops/Warth
Charakter: Der Abschnitt enthält ca. 30 % Gravel-Anteil. Die maximale Steigung liegt bei ungefähr 20 %. Der erste Abschnitt beim Stausee Kops gilt als herausfordernd, da er bergab sehr steil ist. Die Etappe ist erst ab Mitte Mai/Juni empfohlen, da höher gelegene Abschnitte bei Kops und im Ganifer Tal nicht geräumt werden.

Tirol
Strecke:
166 km
Auf-/Abstieg: 3.260 Hm/2.160 Hm
Dauer: 2–3 Tage
Start/Ziel: Warth/Spielberghaus bei Kössen
Charakter: Die mittelschwere bis schwere Tour führt von Warth durchs Lechtal bis Ehrwald, dann durch das Gaistal und zuletzt anspruchsvoll durch das Karwendelgebirge und schließlich ins schicke und charmante Kufstein.

Salzburger Land
Strecke: 258 km
Auf-/Abstieg: 5.800 Hm/6.640 Hm
Dauer: 3–5 Tage
Start/Ziel: Spielberghaus bei Kössen/
St. Lorenz am Mondsee
Charakter: Der Gravelanteil der Strecke, die das Salzburgerland von West nach Ost quert und mit einem aussichtsreichen Höhenweg über Saalbach startet, beträgt rund 35 %, der Rest sind asphaltierte Wege und Straßen. Es gibt kaum flache Abschnitte. Der Wolfgang- und der Fuschlsee sind nur zwei von vielen Höhepunkten.

Oberösterreich
Strecke:
445 km
Auf-/Abstieg: 8.230 Hm/7.730 Hm
Dauer: 5–9 Tage
Start/Ziel: St. Lorenz am Mondsee/ Liebenstein
Charakter: Die schwierige Strecke durch Oberösterreich mit großem Anteil (30 %) an Schotter und einigen Singletrails startet fulminant am Mondsee. In einer Schleife geht es durchs Innere Salzkammergut und später über steile Abschnitte ins Mühlviertel. Besonders abwechslungsreich sind die Wege im Böhmerwald.


Niederösterreich
Strecke: 523 km
Auf-/Abstieg: 9.080 Hm/9.900 Hm
Dauer: 5–10 Tage
Start/Ziel: Liebenstein/Wien, Schwadorf
Charakter: Der Gravelanteil dieses schwierigen Abschnitts beträgt 35 %; Singletrails machen 10 % aus. Eine vielfältige Landschaft, abwechslungsreiche Wege, radkompetente Gastgeber werden auf der Strecke, die zunächst durchs Waldviertel führt, geboten. Entlang des Granit-Trails geht es Richtung Donau, später durch die Region Elsbeere Wienerwald und durch das Biosphärenreservat Wienerwald bis nach Klosterneuburg. Wien wird an der Stadtgrenze entlang im Süden umrundet.

Burgenland
Strecke: 347 km
Auf-/Abstieg: 3.160 Hm/3.060 Hm
Dauer: 3–6 Tage
Start/Ziel: Wien, Schwabdorf/Neustift
Charakter: Überwiegend befestigte Wege. Der Abschnitt bis Oslip ist flach und führt entlang des Naturpark Neusieder See-Leithaberg. Die Tour führt mit einigen Anstiegen kurzzeitig durch Ungarn. Der letzte Abschnitt ab Lockenhaus ist anspruchsvoller.

Steiermark
Strecke: 165 km
Auf-/Abstieg: 1.890 Hm/1.800 Hm
Dauer: 1–3 Tage
Start/Ziel: Neustift/Lavamünd
Charakter: Die Tour, die etwa 40 Kilometer über Schotter und 125 Kilometer auf Asphalt verläuft, führt entlang der burgenländisch-steirischen Grenze auf dem Themenradweg R12. Der Abschnitt durch die Südsteiermark bis nach Bad Radkersburg ist relativ eben. Über den Murradweg und die Südsteirische Weinstraße geht es weiter Richtung Slowenien und letztlich über die Grenze ins Drautal.

Kärnten
Strecke: 295 km
Auf-/Abstieg: 4.200 Hm/2.050 Hm
Dauer: 4–7 Tage
Start/Ziel: Lavamünd/Großglocknerpass
Charakter: Die Tour führt zunächst entlang des Drauradwegs, der zu 50 % geschottert, zu 50 % asphaltiert ist. Das letzte Drittel des Wegs führt über die Großglockner-Passstraße, was trotz des asphaltierten Untergrunds eine ernsthafte Herausforderung ist.

Salzburger Land (Rückweg)
Strecke: 87 km
Auf-/Abstieg: 890 Hm/2.130 Hm
Dauer: 1–2 Tage
Start/Ziel: Großglocknerpass/Thurn
Charakter: Der Abschnitt, der das Salzburger Land diesmal von Ost nach West quert, wird durch die Abfahrt auf der Großglocknerstraße eröffnet. Bis auf den Aufstieg nach Thurn am Ende ist das Radfahren hier eher gemächlich. Die Strecke führt durch einen längeren Tunnel, in dem ein Fahrradlicht erforderlich ist.

Tirol (Rückweg)
Strecke: 289 km
Auf-/Abstieg: 3.730 Hm/3.190 Hm
Dauer: 3–3‚5 Tage
Start/Ziel: Liebenstein/Wien, Schwabdorf
Charakter: Die Strecke, die Tirol von Ost nach West quer und überwiegend auf Schotter (50 %), aber auch über Singletrails (10 %) führt, beginnt mit einem knackigen Aufstieg zum Gauxjoch und einer anschließenden steilen Abfahrt auf losem Untergrund. Später führen gut ausgebaute Radwege und Straßenabschnitte ins Inntal. Über den Inntalweg geht es ohne Schwierigkeit nach Innsbruck. Ab Landeck wird es hügeliger und geht stets bergauf bis zum Stausee Kops auf 1.800 Meter Höhe.

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