Auf dem Ostweg durch den Schwarzwald: Tiefer Wald und lichte Höhen

Wälder soweit das Auge reicht, Fernblicke bis in die Alpen, dazwischen tief eingeschnittene Täler, sanfte Hügel, blumenbestandene Wiesen, sonnige Gipfel. Der Schwarzwald ist mit seinem dichten Wegenetz ein ideales Ziel für Wanderer. Auf dem Ostweg erlebt man Deutschlands höchstes Mittelgebirge auf 242 Kilometern in seiner ganzen Vielfalt. Annika Müller hat sich auf den Weg gemacht.

Es ist das perfekte Idyll: Begrenzt von steilen, bemoosten Felsen schlängelt sich die Würm durch das nach ihr benannte Tal. Mit hellgrünen Flechten überzogene, umgestürzte Bäume und große Felsblöcke behindern den Lauf des lieblichen Flüsschens, dem der Schwarzwald-Ostweg auf seiner ersten Tagesetappe folgt. Es riecht nach feuchter Erde, nur vereinzelt dringen Sonnenstrahlen bis auf den Boden. Majestätisch erhebt sich die Burgruine Liebeneck über dem Würmtal, später die Burg Steinegg mit der hübschen, im Wald versteckten Kapelle. Der Ostweg ist einer von drei Fernwanderwegen die in Nord-Süd-Richtung den Schwarzwald durchqueren. Auf 242 Kilometern Länge, verteilt auf 10 bis 12 Tagesetappen, führt er von Pforzheim aus am Ostrand des Schwarzwalds entlang und dann über die südwestlichen Ausläufer der Schwäbischen Alb nach Schaffhausen an die Schweizer Grenze. Düstere Tannen-, aber auch lichtdurchflutete Laubwälder, aussichtsreiche Höhen, urige Dörfer, baumfreie Feuchtheiden auf den Hochflächen und Kar-Seen an den Berghängen prägen das Landschaftsbild. Burgen, Schlösser und kleine Weinanbaugebiete sorgen für Abwechslung in der waldreichen Gegend hoch oben zwischen Rhein- und Neckartal.

Die Nord-Süd-Fernwander-Strecke »Ostweg« führt von Pforzheim nach Schaffhausen durch den Schwarzwald. Der Höhenweg ist etwa 240 Kilometer lang und wurde 1903 angelegt. Seither wird er vom Schwarzwaldverein gepflegt und betreut. Eine schwarz-rote Raute auf weißem Grund kennzeichnet den Ostweg.

Kirschtorten und Schwarzwälder Schinken

Die großen touristischen Anziehungspunkte wie Titisee und Feldberg, wo an Souvenirständen Bollenhüte und Kuckucksuhren angepriesen werden, tangiert der 1903 vom Schwarzwaldverein eingerichtete Weg kaum. Kirschtorten, Kirschwasser und Schwarzwälder Schinken – ebenfalls fester Bestandteil des Schwarzwald-Klischees – kann man jedoch auf jeder Tagesetappe genießen.

Ausgangspunkt des Ostwegs und nördliches Eingangstor des Schwarzwalds ist das im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörte Pforzheim. Die traditionelle Schmuck- und Uhrenstadt ist auf dem Ostweg die einzige Stadt, die nicht von einem mittelalterlichen Kern dominiert wird. Schnell geht es aber hinaus in eine der letzten Wildnisse Deutschlands.

Vom wildromantischen Monbachtal ins liebliche Nagoldtal

Das urbane Treiben Pforzheims haben wir im wildromantischen Monbachtal, in das das Würmtal noch auf der ersten Tagesetappe übergeht, schon weit hinter uns gelassen. Der Monbach stürzt mal gurgelnd über große Felsblöcke, um dann wieder ruhig dahinzufließen. Der schmale, gewundene Pfad führt immer wieder nahe ans Wasser heran und oftmals auch darüber: Mal quert man den Monbach auf kleinen Stegen und Holzbrücken, öfter jedoch muss man von Stein zu Stein springen, um auf die andere Seite zu gelangen – oder man zieht gleich die Schuhe aus, um die müden Füße beim Hinüberwaten zu erfrischen.

Schon seit Stunden hören wir nur das Glucksen des Wassers, nun kommt das Hämmern eines Spechtes hinzu – sonst herrscht absolute Stille in diesem ursprünglichen und unter Naturschutz stehenden Tal. Doch irgendwann geht es dann doch wieder zurück in die Zivilisation: Am Etappenziel Bad Liebenzell lockt das Burg-Café mit einer Schwarzwälder Kirschtorte, die den steilen Aufstieg zur mittelalterlichen Trutzburg allemal wert ist.

Die nächste Etappe gewinnt ihren Reiz durch den lieblichen Verlauf durch das Nagoldtal. Sie ist zudem gespickt mit kulturellen Höhepunkten. Schon nach wenigen Kilometern erreicht man das Kloster Hirsau – einst das größte Kloster Deutschlands. Teilweise in Ruinen liegend ist das riesige Klostergelände, dessen dreischiffige Kirche auf das Jahr 1091 zurückdatiert werden kann, heute im Sommer ein Veranstaltungsort von Konzerten und Open-Air-Kino. Die vielen Spuklegenden, die sich um die alten Sandsteinmauern ranken, scheinen die Besucher nicht zu stören. Dennoch entfalten die Jahrhunderte alten Ruinen des gotischen Klostergebäudes, die meterhoch in den Himmel ragen, vor allem im Morgen- und Abendlicht eine geheimnisvolle Wirkung. Wir würden uns gerne länger hier aufhalten und die einzigartige Stimmung genießen, doch noch ist erst ein Viertel der heutigen Strecke geschafft.

Trutzburgen, Fachwerkhäuser und der größte bebaute Marktplatz Europas

In der Hermann-Hesse-Stadt Calw, einige Kilometer von Hirsau entfernt, beeindruckt die Vielzahl der gut erhaltenen Fachwerkhäuser um den großen Marktplatz, darunter auch das Wohnhaus des Literaturnobelpreisträgers. Über einen von Heidelbeeren gesäumten Waldweg führt uns der Ostweg aus dem Nagoldtal hinaus und nach Zavelstein, einem Dorf wie aus dem Heimatkalender, mit wunderschönen Fachwerkhäusern und liebevoll bepflanzten Vorgärten. Von weitem schon zieht die Burg, die kühn über dem steilen Abhang thront, die Blicke auf sich. Der Wohnturm gilt als einzige mittelalterliche Burg im Schwarzwald, die niemals zerstört wurde. An einem heißen Sommertag ist es eine Wohltat, in die kühlen Kellergewölbe der Burg hinabzusteigen. Nach einem steilen Abstieg erreicht man das Etappenziel Bad Teinach, das neben der berühmten Mineralwasserquelle auch einen Kurpark zu bieten hat…

Text/Bilder: Annika Müller

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 06/2013.

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