Die Alabasterküste – Weiß wie Rügen und unendlich lang

Immer an der Küste entlang, auf hundert Meter hohen weißen Kreidefelsen, durch traditionsreiche Badeorte und alte Fischerdörfer – der GR 21 folgt der Küste der Normandie von Le Treport bis Le Havre. Ein Traumtrekking, das nicht ohne Grund den Titel »Schönster GR in Frankreich« trägt.

TEXT: ANDREA STRAUSS / BILDER: ANDREAS STRAUSS

122 Kilometer lang glauben wir, dass es eine prima Idee war, an der Alabasterküste entlang durch die Normandie zu wandern. Danach wissen wir: Diese Wanderung ist die beste Idee überhaupt. Gut fünfzig Meter unter uns liegt das Meer. Es ist heute flaschengrün und hat kein einziges Schaumkrönchen. Irgendwo weit draußen liegt die englische Küste, wir sind gegenüber von Brighton und Hastings. Doch der Ärmelkanal ist hier so breit, dass wir die Wasserfläche nicht überblicken – das Meer ist von jener Endlosigkeit, die man mit sicherem Boden unter den Füßen faszinierend findet und die an Bord eines Schiffs Panik auslösen kann.

Draußen in dieser grünen Endlosigkeit steht die Aiguille de Belval. Die strahlend weiße Kreidenadel hat auf wundersame Weise der Kraft des Meers getrotzt. Während ringsum immer wieder Gesteinspakete von der Steilküste abgebrochen sind und nach und nach von der Flut abtransportiert wurden, blieb die Aiguille erhalten. Wie ein Wächter steht sie im Meer. Tag für Tag entfernt sich Frankreich ein Stückchen weiter von ihr.
Schön ist sie, die Aiguille de Belval! Aber sie ist auch ein mahnender Finger, der uns erinnert, dass die Steilküste in Bewegung ist, auch wenn es sich um geologische Zeiträume handelt. Und sie fordert uns eindrucksvoll dazu auf, einen sinnvollen Abstand zum Kliff einzuhalten.

Die Warntafeln an vielen Stränden der Normandie mag man als Vorsichtsmaßnahme interpretieren und mit »Haftungsgründen« abtun, aber wer einen Blick in die lokalen Zeitungen wirft, entdeckt so viele Schlagzeilen zum Thema »Großer Steinschlag« und »Tödliches Selfie«, dass man sich wundert, dass sie überhaupt noch Erwähnung finden. Das Meiste passiert, weil jemand zu weit an den Klippenrand geht und abstürzt, aber immer wieder brechen auch Teile der Küste ohne Zutun ab und fallen auf den Strand hinunter.

Irgendwann in ferner, ferner Zukunft wird die Alabasterküste verschwunden sein. Also: Rucksack packen, Wanderschuhe anziehen und los, denn noch gibt es sie und sie könnte schöner nicht sein! In Frankreich wurde sie 2020 sogar zum schönsten Wanderweg des Landes gewählt.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 1/2024 des trekking-Magazins.
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