Beim Anblick des Mittelrheintals stockt einem der Atem: Beeindruckend, wie sich der Strom zwischen schroffen Hängen durchbeißt! Einziges Manko: Mitunter nervt der Verkehrslärm. Doch von den flankierenden Weitwanderwegen Rheinsteig und Rheinburgenweg zweigen nicht minder spektakuläre Rundwege ab – eine Spur ruhiger!
Am anderen Ufer glänzen die Mauern der Burgruine Ehrenfels. Die Rebhänge drumherum tunkt die Morgensonne in goldenes Licht, nebenbei zerfetzt sie den Nebel über dem Fluss, jagt die Dunstschleier fort. In so einem Moment packt sie einen: die Rheinromantik. Zusammen mit dem Binger Mäuseturm, der unten auf einer Insel steht, bewacht die Ehrenfels die Pforte zum Mittelrhein – früher kassierten sie hier Rheinzoll. Dahinter zwängt sich der Strom auf 67 Kilometern durch das Rheinische Schiefergebirge. Kurvt zwischen Hunsrück auf der linken und Taunus auf der rechten Seite durch sein enges, steiles Tal gen Koblenz. 2002 adelte die UNESCO diesen Flussabschnitt als Welterbe Oberes Mittelrheintal.
Also die perfekte Wanderkulisse: Linksrheinisch folgt der Rheinburgenweg (Bingen-Remagen), rechtsrheinisch der Rheinsteig (Bonn-Wiesbaden) dem Lauf des wasserreichsten deutschen Flusses. Zugleich eine wichtige Verkehrsader – an den steilen Hängen rauscht der Lärm von Bundesstraßen, Güterzügen und Schiffen hoch. Doch seit die Weitwanderwege vor etwa 20 Jahren eingeweiht wurden, kreisen hochkarätige Rundwanderwege von den Langstrecken ins Hinterland. Sie paaren spektakuläre Rheinblicke mit ruhigeren, schattigeren Abschnitten durch Wälder und Klammen.
VÖLLIG BEGEISTERT
Diese Mischung erlebt man etwa auf der Baumgeistertour durch den Binger Wald. Vom Aussichtspunkt mit Blick auf Ehrenfels und den Binger Mäuseturm aus steigt der Rheinburgenweg am Hang entlang, stößt oberhalb der Kreuzbachklamm beim Forsthaus Heiligkreuz auf den Premiumrundweg. Gegen den Uhrzeigersinn klettert er auf den Damianskopf. Durch Traubeneichengeäst huschen die Blicke 200 Meter tiefer auf den Rhein und zurück zur Ehrenfels.
Für den nächsten Weitblick sorgt der Taunusquarzit: Der Weg quert eine sogenannte Rosselhalde. Zahlreiche Bröckchen, Platten und Splitter des hellgräulichen Gesteins übersäen den steilen Hang. Außer einem Weidenröschen schafft es kaum eine Pflanze, ihren Kopf aus dem Schutt zu stecken. »Solche Rosseln gibt es auch in den Seitentälern«, sagt Paul Peitz, der sich als ehemaliger Förster im Revier Heiligkreuz bestens auskennt, »sie reichen zehn Meter oder tiefer, deswegen wächst da nichts.« Nach wenigen Schritten beenden Traubeneichen, Rotbuchen und Hainbuchen die Kargheit.
Am Schweizerhaus, dem früheren Jagdhaus von Burg Rheinstein, hängt der Biergarten über den schroffen Hängen zum Rhein. Von Assmannshausen, dem Winzerdorf am anderen Ufer, läuten die Glocken der Dorfkirche herüber, das Hupen unsichtbarer Autos schallt hinauf. Dann verengt sich der Weg zum Eselspfad. Kurvt um Felsvorsprünge, wirft Blicke zu den Burgen Rheinstein und Reichenstein, dann taucht er ins kühle Tal des Morgenbachs. Sein Wasser rutscht rauschend über Felsblöcke und Steinstufen.
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