Das Engadin im Kanton Graubünden gilt als eine der schönsten Ecken der Schweiz. Um den ursprünglichen Charme der Engadiner Dörfer, die fantastische Bergwelt und die weiten Täler kennenzulernen, ist Birgit-Cathrin Duval auf der Via Engiadina durch das Unterengadin gewandert.

Die Sonne, das Licht, die Berge. Noch ziehen die Wolken vorbei, wuchtig, weiß und silbergrau, dann bricht die Sonne durch, schmeichelt wärmend die Haut. Der Süden ist spürbar, alles ist leichter, das Licht intensiver, die Wolken freundlicher. »Die Verbindung von südlichem Licht und nordischer Herbheit gibt ihm jenen schwer zu fassenden und einzigartigen Reiz«, schrieb die Schweizer Reiseschriftstellerin Annemarie Schwarzenbach in den 1930er Jahren, die im Engadin ihre Herzensheimat gefunden hat.
»Allegra!« – leicht und heiter wird er ausgesprochen, der allgegenwärtige Gruß auf rätoromanisch. Allegra bedeutet »Freue dich«, ein Gefühl, das mich seit der Ankunft beschwingt – Vorfreude auf das Wandern, auf das Entdecken der Täler, die sich ihren Platz zwischen diesen wilden schroffen Bergen geschaffen haben.
Mit der Rhätischen Bahn geht es ab Landquart bis nach Zernez, weit in den Südosten der Schweiz. Im Grenzgebiet zu Italien und Österreich liegt der Kanton Graubünden. Das 80 Kilometer lange Engadin ist eines der höchstgelegenen bewohnten Täler Europas. Beim Blick aus dem Zugfenster recken sich die schroffen Berge zusehends in die Höhe, die dichten Wälder stürmen wie eine stramme Kompanie himmelwärts, während im engen Tal der Inn ungestüm dahinrauscht.
In Zernez auf 1.474 Meter, das als Tor zum Nationalpark gilt, steige ich aus. Im Vergleich zum viel bekannteren Oberengadin mit seinem mondänen St. Moritz ist das ursprünglichere Unterengadin vom Massentourismus verschont geblieben. Die Via Engiadina, auch als Engadiner Höhenweg bekannt, durchquert auf 165 Kilometern das gesamte Engadin von Maloja bis Vinadi. Ich bleibe im Unterengadin, will ab Zernez bis nach Scuol wandern.
Es duftet nach Natur
Mit dem Zug fahre ich von Zernez bis Lavin und spare mir damit die ersten zwölf Kilometer. Ab Lavin folge ich der Beschilderung Nr. 87, mit der die Via Engiadina markiert ist. Direkt steige ich ein in die wildromantische Landschaft, deren Luft Anfang August mit harzigen Noten der Nadelbäume und den letzten verblühenden Düften der Kräuter und Alpenblumen durchsetzt ist. Über mir kreist und kreischt ein Wanderfalke. Ein fahler Vollmond scheint durch den milchigen Himmel, die Sonne kämpft, doch die Wolken gewähren keinen Durchlass.
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