Wandern mit Weitblick: Auf dem Altmühltal- Panoramaweg

Schroffe Kalkfelsen, schattige Buchenwälder, idyllische Dörfer und immer wieder spektakuläre Ausblicke auf liebliche Flussmäander. Der Altmühltal-Panoramaweg zählt zu den schönsten Weitwanderwegen in Deutschland. Michael Hennemann hat sich eine Etappe vorgenommen.

Vom Raetischen Limes zur Burg Spielberg

Fachwerk und prächtige Barockbauten säumen den Marktplatz im Herzen der mittelfränkischen Kleinstadt zwischen Altmühl- und Brombachsee. Sie ist das Eingangstor zum Naturpark Altmühltal und Startpunkt des über 200 Kilometer langen Altmühltal-Panoramawegs. Die Stadtgründung geht zurück auf ein Numeruskastell, das die Römer um 90 n. Chr. zur Verstärkung der Grenzanlagen errichteten, nachdem sie die Kelten aus den Gebieten nördlich der Donau vertrieben hatten und bis in die Gegend des heutigen Gunzenhausen vordrangen. Wachtürme des Raetischen Limes, der 2005 zum Unesco-Weltkulturerbe gekürt wurde, kann man bei einem Spaziergang durch den Burgstallwald am nördlichen Stadtrand entdecken. Auf der ersten Etappe ist der Name des Wanderwegs nicht unbedingt Programm. Die Altmühl bekomme ich nur beim Start in Gunzenhausen zu Gesicht, danach verläuft die Strecke eher unspektakulär durch sanft gewellte Felder und Wiesen. Eine gute Gelegenheit, um die Wanderschuhe einzulaufen und sich an das Gewicht des Rucksacks zu gewöhnen.

Den ersten spektakulären Ausblick hebt sich der Weg bis zum Etappenende auf. Nach dem Anstieg auf einen Ausläufer des Hahnenkamms bietet sich ein fantastischer Ausblick auf das weite Altmühltal. Der Blick reicht bis zum Hesselberg, und seit dem 14. Jahrhundert wird der Höhenzug von Schloss Spielberg gekrönt. 1983 übernahm der Künstler Ernst Steinacker (1919–2008) die marode Burganlage mit ihren wehrhaften, fünf Meter hohen Ringmauern und richtete hier sein Atelier sowie ein Museum für zeitgenössische Kunst ein, das von der Familie nach seinem Tod fortgeführt wird. Die Figurenwiese vor dem Schloss, der Innenhof und vor allem die Räumen der Schlossgalerie geben einen Eindruck von seinem künstlerischen Schaffen.

Bach im Hochbett

Auch am zweiten Wandertag bringen mich die rotgelben Markierungen zunächst nicht an den Flusslauf, dafür aber durch das wildromantische Naturwaldreservat der Spielberger Leite. Ein Naturschauspiel der besonderen Art am Wegesrand ist die Steinerne Rinne bei dem kleinen Weiler Wolfsbronn. Auf einer Länge von fast 130 Metern plätschert eine Quelle nicht wie üblich in einem Bachbett, sondern auf einem über 1,5 Meter hohen Kalksockel ins Tal. Das Phänomen hat seinen Ursprung im Kalkgestein des Hahnenkamms. Sobald das kalkhaltige Wasser aus dem Untergrund tritt, scheidet sich der Kalk ab und das fließende Wasser baut sich seinen eigenen Sockel. Statt sich, wie üblich, durch Erosion ein Bachbett in den Untergrund zu schneiden, wächst der Bach so Jahr für Jahr etwas weiter in die Höhe.

Das Etappenende ist in Treuchtlingen erreicht. Die beschauliche Kurstadt spielte als wichtiger Eisenbahnknotenpunkt im 19. Jahrhundert eine große Rolle bei der Industrialisierung Bayerns, heute bestimmt der Fremdenverkehr das Wirtschaftsleben. Gleich zwei staatlich zertifizierte Heilquellen speisen mit heißem Wasser aus einer Tiefe von 800 Metern die Thermalbecken der modernen Altmühltherme, die nach dem Wandertag mit fünf Innen- und einem Außenbecken zu Wellness und Entspannung einlädt.

Daran erkenn’ ich meine Pappenheimer

Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts thront die Obere Veste hoch auf einem Bergsporn westlich der heutigen Stadt. Die sanierte Burgruine bietet einen tollen Blick über Treuchtlingen und die Altmühl. In der Stadtmitte informiert im Renaissance-Stadtschloss eine Ausstellung über den Naturpark. Einst wurde hier der General Heinrich von Pappenheim geboren, der das Vorbild für den zum Sprichwort gewordenen Ausspruch »Daran erkenn’ ich meine Pappenheimer« in Schillers Drama »Wallenstein« war.

An der so genannten »Treuchtlinger Pforte«erreicht die bis dahin in einem breiten Tal als Wiesenfluss dahinströmende Altmühl das Fränkische Jura und fortan säumen beeindruckende Felsformationen das enger werdende Tal, und auch der Wanderer auf dem Altmühltal-Panoramaweg bekommt den Fluss ab jetzt häufiger zu Gesicht. Über den Treuchtlinger Ortsteil Dietfurt, der an einem Altmühlübergang, den schon die Römer nutzten und der als »via publica« allen Bürgern zur Verfügung stand, woraus sich der Ortsname als »Siedlung an der allgemeinen Furt« ableiten lässt, geht es durch Wald und über eine Hochebene nach Pappenheim.

Die Altstadt schmiegt sich malerisch in eine Flussschleife und hat den Lauf der Zeit inmitten der mittelalterlichen Stadtmauer nahezu unbeschadet überstanden. Trotz der überschaubaren Größe sind eine ganze Reihe von sehenswerten Bauwerken zu bewundern, was das Städtchen den Pappenheimer Grafen verdankt, die als Reichserbmarschälle des »Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation« über das gesamte Mittelalter eine bedeutende Stellung innehatten.

Hoch über der Altstadt wacht die Burg mit ihrem imposanten Bergfried. Seit 1258 ist sie die Stammburg der Grafen von Pappenheim und ein Besuch des Wahrzeichens der Stadt lohnt sich nicht nur wegen des phänomenalen Ausblicks, sondern auch wegen des Burgmuseums, der Folterkammer, der Greifvogel-Flugvorführungen und des botanischen Gartens.

Auf dem Weg nach Solnhofen macht der Altmühltal-Panoramaweg seinem Namen dann alle Ehre und verläuft hoch über einer Schleife der Altmühl durch die Wachholderheide am Zimmerner Hang.

Die Welt in Stein

In dem kleinen Örtchen Solnhofen locken gleich mehrere nette Biergärten oder Cafés direkt neben oder über dem Altmühlufer und der Tourismus widmet sich ganz dem Motto »Die Welt in Stein«. Der in der Region abgebaute Solnhofener Plattenkalk wird seit Jahrhunderten als Boden- und Treppenbelag geschätzt und eignet sich außerdem durch seine strukturierte Oberfläche besonders gut für die Lithographie. Dieses gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte Flachdruckverfahren, bei der Kalkschiefer als Druckplatte zum Einsatz kommt, ist der Urahn der heute gängigen Offset-Drucktechniken.

Der Steindruck brachte Solnhofen zusätzlich archäologischen Weltruhm ein, denn im Jahr 1860 findet Hermann von Meyer in den Solnhofener Plattenkalken eine versteinerte Feder und prägt für den dazugehörenden, etwa taubengroßen Urvogel den bis heute üblichen Gattungsnamen Archaeopteryx.

Das als Bürgermeister-Müller-Museum bekannte Solnhofener Museum im Rathaus in der Bahnhofstraße informiert über die Geschichte des Steindrucks und zeigt eine umfangreiche Fossiliensammlung mit versteinerten Tieren und Pflanzen aus der Jurazeit. Zu sehen gibt es z.B. Urvögel sowie Flug- und Fischsaurier.

Gleich hinter Solnhofen erwartet mich mit den »Zwölf Aposteln« ein landschaftlicher Höhepunkt im Naturpark Altmühltal. Die beeindruckenden weißen Felstürme sind die Überreste eines Riffgürtels aus dem tropischen Meer während der Jurazeit. Sie verwittern schwerer als das umliegende Gestein und über die Jahrtausende haben Wind, Sonne, Regen und Eis die schroff aufragenden Felsen aus dem Hang heraus modelliert. In dem kleinen Ort Eßlingen am Ende der Felsen wartet dann der 13. Apostel – ein Gasthaus mit kleinem Biergarten direkt neben der Altmühl.

Nach der Stärkung geht es über den Marktflecken Mörnsheim zurück zur Altmühl, und begleitet vom Rauschen des Wehrs und vom Gejohle der Bootsfahrer bei ihrer spritzigen Wildwassereinlage an der Bootsrutsche am Wehr Hammermühle, laufe ich über schmale Pfade durch den sonnigen Trockenhang nach Dollnstein, das die Bühne der Geschichte erstmalig im Jahre 1007 als »Tollunstein« betritt. Von der einstigen Burg aus dem 12. Jahrhundert auf einer langgestreckten Felsbank in der Ortsmitte ist kaum etwas geblieben, da die verfallene Ruine zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Steinbruch ausgebeutet wurde. Erhalten geblieben sind die Ringmauer, die die gesamte Altstadt umschließt, sowie das nördliche Stadttor. Seit 2010 informiert das in einem restaurierten Wirtschaftsgebäude der Burg untergebrachte Altmühlzentrum über die Kulturgeschichte des Altmühltals…

Daten & Fakten

  • Charakter/Anspruch
    Zwischen dem Ausgangspunkt Gunzenhausen und dem Ziel Kelheim liegen über 200 Wanderkilometer mit etwa 7.500 Auf- und Abstiegs-Höhenmetern. Die Strecke folgt überwiegend Feldwegen oder schmalen Wanderpfaden, asphaltierte Streckenabschnitte bleiben die Ausnahme.
  • Strecke
    Für die ca. 200 Kilometer von Gunzenhausen nach Kelheim benötigt man insgesamt mindestens 10 Tage.
  • Markierung
    Das Logo des Altmühltal-Panoramawegs zeigt einen stilisierten Flusslauf. Die gesamte Strecke ist durchgehend und in beide Richtungen mit gelb-roten Plastikschildern markiert, die meist in Augenhöhe, z.B. an Bäume, genagelt sind. Vereinzelt gibt es auch Wegweiser mit Entfernungsangaben.
  • Anreise
    Der Ausgangspunkt ist problemlos mit der Bahn zu erreichen. Die gute Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln entlang der Altmühl ermöglicht eine sehr individuelle Tourenplanung. So lassen sich auch bequem kürzere Teilstücke oder einzelne Etappe laufen, um dann mit Bahn, Bus oder Schiff zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Mit dem eigenen Pkw ist Gunzenhausen am schnellsten auf den Autobahnen A9 oder A6 erreicht.
  • Übernachtung
    Die Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten im Altmühltal ist groß und reicht von der einfachen Zeltwiese ohne fließend Wasser (dafür aber mit der Möglichkeit eines urigen Lagerfeuers!) über die gemütliche Familienpension bis zum komfortablen Luxus-Wellness-Hotel. Es ist also für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas Passendes dabei. Aber Achtung: Gerade in den kleinen Orten entlang der Strecke ist das Bettenangebot begrenzt und da das Altmühltal nicht nur unter Wanderern, sondern auch bei Radlern, Kanuten und Klettersportlern sehr beliebt ist, können die Betten am Wochenende und in der Hochsaison knapp werden.
  • Beste Zeit
    Frühling und Herbst sind die beiden idealen Jahreszeiten für eine Wanderung auf dem Altmühltal-Panoramaweg. Im Hochsommer kann es tagsüber stellenweise unangenehm heiß werden.
  • Weitere Aktivitäten
    Der Naturpark Altmühltal ist nicht nur bei Wandern beliebt, sondern auch bei Radlern und Bootsfahrern. Bei Radfahrern besonders beliebt ist der familienfreundliche Altmühltal-Radweg, der der Altmühl auf einer Strecke von knapp 170 Kilometern von Gunzenhausen bis Kelheim ohne große Steigungen und fernab des Straßenverkehrs folgt. Die Bootswanderstrecke beginnt ebenfalls in Gunzenhausen und endet nach 120 Kilometern in Töging, bevor die Altmühl in den Main-Donau-Kanal mündet. Die Altmühl ist ein gemütlicher Wanderfluss mit ruhiger Strömung und bietet die ideale Kulisse für einen unbeschwerten Kanuurlaub. Literatur »Altmühltal-Panoramaweg« von Michael Hennemann (Conrad Stein Verlag; ISBN 978-3-86686-347-7; 12,90 Euro; zu beziehen über das trekking-Magazin, Tel. 07221 9521-19; vertrieb@trekkingmagazin.com) Infos Informationszentrum Naturpark Altmühltal, Notre Dame 1, 85072 Eichstätt, Tel. 08421 98760; www.naturpark-altmuehltal.de

 Autor: Michael Hennemann

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 02/2012.

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