Zweitälersteig

Wandern von Tal zu Tal

Der Fernwanderweg »Zweitälersteig« führt in fünf Tagesetappen über 106 aufregend schöne und überraschend einsame Kilometer mitten hinein ins Herz des Mittleren Schwarzwalds. Das Label »Qualitätswanderweg« hat er sich wirklich verdient, wie Patrick Kunkel nach seiner Tour resümiert.

Text/Bilder: Patrick Kunkel

So schnell kann das gehen: Eben noch stapften wir durch dichten, schattigen Bergwald. Plötzlich weitet sich der schmale Pfad zu einer offenen Fläche. Kniehohes Gras streichelt unsere Beine, Heuschrecken veranstalten ein Streichkonzert, dazu dengelt eine Kuhglockensinfonie von der Weide nebenan: »Ach«, seufzt Simone neben mir: »Ist das schön. Fast schon kitschig! Sollen wir nicht einen Moment hier bleiben und rasten?«

Die Pause kommt uns gerade gelegen: Fast 1.000 Höhenmeter am Stück – und das gleich zum Auftakt. Der 1.241 Meter hohe Kandel im Mittleren Schwarzwald ist zugleich höchster Punkt und größte Herausforderung des Zweitälersteigs. Unser Plan: In fünf Etappen wollen wir dem 106 Kilometer langen Wanderpfad folgen, der über die Bergrücken und Gipfel, durch die tiefen Wälder und schattigen Schluchten des Mittleren Schwarzwalds führt. Und natürlich immer wieder in die beiden Täler hinab, dem der 2011 erstmals markierte Weg seinen Namen zu verdanken hat: Das Elztal und das Simonswäldertal.

Die Macher des Wegs versprechen viel, sozusagen das Paradies für Wanderer: Schmale Felsenpfade, weite Blicke, Wasserfälle und entlang der Strecke immer wieder urige Hütten und Gasthäuser, in denen man sich den nötigen Energienachschub holen kann. Der Auftakt jedenfalls kann sich schon mal sehen lassen!

Aufbrechen mit den ersten Sonnenstrahlen

Mit den ersten Sonnenstrahlen sind wir in der Frühe in Waldkirch im Elztal gestartet. Das Logo des Zweitälersteigs, ein stilisiertes rotes Herz auf grünem Hintergrund, lotste uns nach wenigen hundert Metern schon in den Wald. Der Morgen duftete nach feuchter Erde, nach Moos, Waldbeeren und Tannennadeln. So frisch! Doch schnell ließ uns der steinige und steile Pfad spüren, dass der Kandel wohl ohne Leid und viel vergossenen Schweiß nicht zu haben sein wird.

Das Vesper auf der Bergwiese gibt uns frische Kraft. Wir stapfen weiter und begegnen kurz darauf einer Gruppe freundlich grüßender Mountainbiker, die mit konzentrierten Mienen den schmalen Wurzelteppich vor uns herunterhoppeln: »Die Mountainbike-Abfahrt muss großartig sein«, sinniert Simone. Aber daran ist nicht zu denken, wir sind bergauf unterwegs – und zu Fuß und genießen diesmal statt einer schnellen Schussfahrt den gemächlichen, konzentrierten Aufstieg. Vor uns tauchen die Bretterwände einer Holzhütte auf. Thomashütte heißt das of-fene, einfach gezimmerte Refugium, das auf einem Felssporn oberhalb des Glottertals steht.

Wir lassen den Blick über die Schwarzwaldkuppen und das Rheintal bis hin zu den Vogesen schweifen und machen uns nach einer kurzen Pause an die letzten 150 Höhenmeter bis zur Gipfelpyramide – die Aussicht von oben ist umwerfend: Wieder die Vogesen und die Rheinebene, aber jetzt rücken auch die Alpen in unseren Blick! »Geschafft!«, ruft Simone begeistert:

»Naja, jedenfalls die Hälfte der ersten Etappe.« Über eine zerrupfte Borstgraswiese laufen wir bergab – endlich bergab! »Dass gleich die erste Etappe so beeindruckend ist, hätte ich nicht gedacht«, findet Simone, als wir auf einer grob behauenen Holzbank vor der Gummenhofhütte etwas unterhalb des Kandelgipfels rasten. Der gut gelaunte »Fensterliwirt« reicht eine üppige Vesperplatte durchs offene Fenster der ehemaligen Viehhütte, die heute eine Bergbeiz ist: Burebratwurst, Speck, Käse und Brot, und das ganze schön verziert mit Wildblumen von der Weide ringsum. Dort brummen hunderte Insekten in der Mittagshitze und wir suchen uns ein schattiges Plätzchen für eine kleine Siesta.


GPS-Daten  |  Länge 106 km  |  Webcode #2226  |  GPX Track herunterladen


Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 03/2016.

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