An der Nordseeküste

Die Nordsee gilt als herausforderndes Seekajak-Revier. Ebbe und Flut bestimmen den Paddelrhythmus und machen das Vorwärtskommen mitunter zu einem schwierigen Unterfangen. Detaillierte Planung ist äußerst wichtig, um das Tagesziel zu erreichen. Wer zu spät packt, dem kann das Wasser schon mal abhandenkommen, und wer den Gezeitenströmungen zu wenig Aufmerksamkeit widmet, wird sich unter Umständen mit äußerst ungemütlichen Bedingungen arrangieren müssen. Jörg Knorr ist zusammen mit seinem Freund Bernhard zu einem Paddel-Abenteuer aufgebrochen, bei dem die leidenschaftlichen Seekajaker der deutschen Nordseeküste gefolgt sind.

TEXT/BILDER: JÖRG KNORR

Anderthalb Stunden nach Hochwasser sind wir gestern mit perfektem Timing in Friedrichskoog angelandet. Jetzt läuft das Wasser stetig ab und zum Abend bleibt nur noch ein kleines Rinnsal übrig, in dem unsere Kajaks hoffnungslos steckengeblieben wären. Das Highlight des kleinen Orts ist die Seehundstation, in der verlassene oder kranke Robben aufgepäppelt werden, um sie anschließend wieder in die Freiheit zu entlassen. Besucher können hier nicht nur Seehunde und Kegel-robben aus der Nähe bewundern, sondern erfahren bei einem Rundgang auch viel über die heimischen Meerestiere und ihren Lebensraum.

Die Planung für morgen – wir wollen bis St. Peter-Ording paddeln – wird etwas schwieriger. Da das Hochwasser erst nach Mittag auflaufen wird, werden wir spät starten können und wohl mit der Dämmerung in St. Peter-Ording ankommen. Wir haben unseren Kurs mit fünf Zwischenkoordinaten abgesteckt und hoffen, dass wir uns einigermaßen elegant an den flachen Stränden vorbeischlängeln können.

Viertel vor eins sitzen wir in den Booten und peilen den Priel an, der nordöstlich an Trischen, einer kleinen Insel, die Vögeln als Brut- und Rastplatz dient, in der Meldorfer Bucht vorbeiführt. Ein Stück weiter läuft die Strömung, vorsichtig gesagt, suboptimal. Unendlich viele Pfähle ragen hier aus dem Wasser. Dazwischen überall Ketten und Kunststoffrohre in endlos erscheinenden Reihen. Die große Muschelfarm, an der der Strom jetzt gegen uns läuft, liegt als Hindernis im Weg.

Wir ackern wie die Berserker gegenan. Endlich vor-bei an der Farm steuern wir auf eine Sandbank zu, um dort eine Pause einzulegen und auf günstigere Strömung zu warten. Wir nehmen es gelassen, ziehen un-sere Zwangspause großzügig in die Länge und trösten uns damit, dass bis zum Sonnenuntergang noch reichlich Zeit bleibt.

Endlich kippt die Tide. »Los, weiter!«, treibe ich Bernhard an, wieder ins Kajak zu steigen. »Vielleicht schaffen wir es ja noch bis zum Dunkelwerden.« Immer wieder berühren unsere Paddel den Grund des Wattenmeers. »Das nervt«, fluche ich und höre von Bernhard ähnliche Bekundungen. »Weiter links, da ist es tiefer«, ruft er, als sich sein Boot gerade wieder festsaugt. Wir müssen einen großen Außenbogen paddeln und weichen dadurch vom Kurs ab, der uns auf kürzestem Weg zum Tagesziel führen sollte. So vergehen Stunden und als wir am Strand von St. Peter Ording schließlich die Kajaks an Land ziehen, ist es halb elf, dunkel und fast 50 Tageskilometer sind zusammengekommen.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 3/2022 des kajak Magazins.
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