Offen, vielseitig und voller Tradition: Canadier sind die Allrounder auf dem Wasser. Ob Familienausflug, Gepäcktour oder Wildnisabenteuer – es gibt für jedes Einsatzgebiet das passende Boot. Wir verraten, worauf es beim Kauf ankommt und wie man das ideale Modell für die eigenen Bedürfnisse findet.

Canadier blicken auf eine lange Tradition zurück: Schon die indigenen Völker Nordamerikas nutzten offene Boote aus Birkenrinde, um über Flüsse und Seen zu reisen, Lasten zu transportieren oder auf die Jagd zu gehen. Mit der Kolonisierung Amerikas brachten englische Kapitäne die ersten Kanus im 16. und 17. Jahrhundert nach Europa, wo sich der Canadier erst als Freizeit- und später auch als Wettkampfsportgerät verbreitete, und sich zu dem vielseitigen Allroundbootstyp entwickelte, der er heute ist. Ob für eine gemütliche Familienrunde auf dem Baggersee, eine mehrtägige Flusswanderung auf der Lahn oder die wochenlange Expedition durch das Labyrinth der südschwedischen Seen – der Canadier kann all das und sogar noch viel mehr.
Aufgrund dieser enormen Bandbreite an speziellen Bootstypen für die unterschiedlichen Zwecke braucht es aber etwas Orientierung, bevor man eine Kaufentscheidung trifft. Denn die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen sind erheblich und nicht jedes Boot passt zu jedem Fahrstil bzw. Einsatzzweck.
Von PE bis Carbon: Die Materialfrage
Wer sich nach einem geeigneten Canadier umsieht, wird schnell mit der Frage nach dem Material konfrontiert. Holz ist der Inbegriff von Tradition und Eleganz, heute allerdings sind Holzcanadier eine echte Liebhaberei, denn die Pflege ist aufwendig, das Gewicht ist hoch und die Boote sind empfindlich. Weitaus verbreiteter sind Canadier aus Kunststoff. Am unteren Ende der Preisskala stehen dabei Modelle aus Polyethylen. Sie sind zwar schwer, aber sehr pflegeleicht und nahezu unverwüstlich und deshalb besonders bei Familien, Einsteigern oder in der Vermietung beliebt.
Für sportlich ambitionierte und fortgeschrittene Paddler stellen Canadier aus ABS-Kunststoff (Acrylnitril- Butadien-Styrol) eine interessante Alternative dar. Dieses Material punktet mit einer hohen Schlagfestigkeit und ermöglicht sehr steife und formstabile Rümpfe, und das bei einem akzeptablen Gewicht.
Noch leichter sind laminierte Canadier aus Verbundwerkstoffen. Dabei werden Fasermaterialien (typisch sind Glasfaser, Aramid/Kevlar oder Carbon) mit einem Harzsystem, wie z.B. Epoxid, zu einer sehr steifen und leichten Bootshülle verbunden. Allerdings muss man für solche Laminatboote deutlich tiefer in die Tasche greifen, sie sind empfindlicher als Kunststoff-Canadier und werden bei heftigen Kollisionen mit Steinen oder Felsen leichter beschädigt.
Stabilität, Leichtlauf und Wendigkeit
Mindestens ebenso wichtig wie das Material ist die Form des Rumpfs. Ein flacher Boden vermittelt ein sicheres, stabiles Gefühl. Das ist angenehm für Anfänger und Familien, die Wert auf Kippstabilität legen. Ein rundlicher Rumpf dagegen ermöglicht höhere Geschwindigkeit, erfordert aber ein besseres Balancegefühl.
Hinzu kommt der Kielsprung: Je stärker die Enden des Boots nach oben gezogen sind, desto wendiger reagiert der Canadier auf Steuerschläge. Wer überwiegend auf engen, kurvenreichen Flüssen unterwegs ist, freut sich über diese Beweglichkeit. Auf langen Seenetappen dagegen sind Canadier mit wenig Kielsprung gefragt, da sie spurtreu geradeaus laufen und man sehr effizient vorankommt.
Weiterhin werden die Fahreigenschaften durch Länge und Breite bestimmt. Ein typischer Allroundcanadier misst zwischen 15 und 16 Fuß, also etwa 4,50 bis 5 Meter. Damit lassen sich sowohl Wochenendtouren mit Gepäck als auch kurze Feierabendrunden bequem bestreiten. Kürzere Boote sind handlicher, bieten aber weniger Stauraum und Geschwindigkeit. Längere Modelle laufen schneller und nehmen enorme Lasten auf, sind jedoch beim Handling sowie bei Transport und Lagerung recht unhandlich. Ein breiter Bootsrumpf liegt stabil im Wasser und vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. Wer sportlich unterwegs sein möchte, achtet dagegen auf eine schmale Bootsform.
Das passende Boot für jedes Abenteuer
Die Auswahl des richtigen Canadiers hängt also stark davon ab, welche Pläne man verfolgt. Am Anfang der Kaufentscheidung steht daher eine realistische Bestandsaufnahme der eigenen Bedürfnisse: Wo möchte ich hauptsächlich paddeln und mit wem? Wie hoch ist mein Budget?
Familien und Gelegenheitspaddler sind mit stabilen, langlebigen PE-Booten gut bedient, auch wenn das Gewicht hoch ist. Ambitionierte Tourenfahrer dagegen investieren eher in ein Laminatboot, das sich effizient paddeln lässt und ausreichend Zuladung für Zelt und Proviant bietet. Und für Vanlifer ohne Transportmöglichkeiten für ein festes Boot sowie abenteuerlustige Stechpaddler mit einem Faible für Expeditionen in abgelegenen Gegenden führt kein Weg an einem Falt- und Schlauchcanadier vorbei. Für welchen Canadier auch immer man sich entscheidet, beim Blick auf den Preis sollte man stets im Hinterkopf behalten, dass ein hochwertiger Canadier einem über viele Jahre hinweg ein treuer Begleiter sein wird. Ein etwas teureres Modell, das wirklich passt, bringt mehr Freude und weniger Frust als ein vermeintliches Schnäppchen, das sich später als unpraktisch herausstellt.
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